Live und in Farbe: Weshalb Farbkalibrierung für die Medizintechnik so wichtig ist
Vor allem in den Bereichen Mikroskopie, Dermatologie und Augenheilkunde (Ophthalmologie) tragen digital aufgenommene Bilder erheblich zum diagnostischen Prozess bei. Dabei ist die Farbe häufig ein wichtiges Kriterium, um zu beurteilen, ob eine Struktur gesund oder krankhaft ist.
In unserem Artikel „Welche Rolle spielt Farbe in der Bildverarbeitung?“ haben wir bereits erklärt, welche Rolle Farbwiedergabe für Machine Vision spielt. Während in der industriellen Bildverarbeitung monochrome Bilder oft ausreichend sind, werden im Bereich Medical und Life Sciences ganz andere Bildinformationen benötigt, sodass Farbechtheit hier eine bedeutende Rolle spielt.
Farbe in der Augenheilkunde
Schauen wir uns einmal die Ophthalmologie genauer an. Bei der Netzhautuntersuchung kommen digitale Funduskameras zum Einsatz. Der Arzt positioniert die Kamera vor dem Auge des Patienten und nimmt ein Bild auf. Anschließend untersucht er dieses hochauflösende Bild mithilfe von Analysesoftware. Anhand dieser Bilder kann er dann erkennen, ob die dünnen Gefäße der Netzhaut vollständig verbunden und intakt sind oder, falls das nicht der Fall ist, ob Folgeuntersuchungen notwendig sind. Diese Art von Diagnostik trägt zur Vorbeugung von Krankheiten wie Makuladegeneration bei.
Eine höchst zuverlässige Farbwiedergabe sowie die Reproduzierbarkeit der Bilder ist hier ganz besonders wichtig, da die Farbe Aufschluss über den Zustand von bestimmten Geweben liefert. So verfärbt sich Gewebe beispielsweise, wenn es nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird.
Um die Zuverlässigkeit der Farbwiedergabe sicherzustellen, muss die Kamera entsprechend kalibriert werden.
Farbkalibrierung von Kameras
Als Farbkalibration bezeichnen wir die Optimierung der Parameter innerhalb der Farbberechnungspipeline in der Firmware der Kamera. Grundlage für die Kalibrierung ist der sogenannte Farbfehler. Für die Kalibrierung wird in der Regel ein ColorChecker verwendet. Der ColorChecker ist eine schachbrettähnliche Tafel, auf der 18 Farben und 6 Graustufen in Vierecken nebeneinander abgebildet sind. Da die sRGB-Werte der einzelnen Felder bei bestimmter Beleuchtung bekannt sind, dient der ColorChecker als Referenz zum Farbmesswert der Kamera.
Misst man den Farbwert der Kamera für ein bestimmtes Feld, erhält man einen sRGB-Wert, den man mit dem tatsächlichen, bekannten Wert für das Farbfeld vergleichen kann. Die Differenz zwischen gemessenem und bekanntem Punkt im Farbraum wird als sogenannter Farbfehler ΔE angegeben. Ziel des Kalibrierungsprozesses ist es, die einzelnen Funktionsblöcke der Farbpipeline der Kamera so zu parametrieren, dass der Farbfehler ΔE gegenüber den Referenzwerten des ColorCheckers minimiert wird.
Nach der Farbkalibrierung können ‚entgegen‘ des Farbfehlers zusätzlich Modifikationen von einzelnen Farben vorgenommen werden, um eventuell bestehenden Farbprofilen Rechnung zu tragen. Dies gilt insbesondere für Applikationen, in denen Konsumentenkameras mit Industriekameras ersetzt werden.
Industriekameras liefern große Vorteile bei der Farbdarstellung gegenüber Kameras aus dem Konsumentenbereich. Hintergrund ist, dass die Farbpipeline bei Konsumentenkameras eine Blackbox ist, die in den meisten Fällen nicht parametriert werden kann. Die Farbpipeline ist dann darauf ausgelegt, möglichst ästhetische Bilder zu erzeugen – nicht aber die Realität möglichst genau darzustellen. Speziell für Anwendungen in der Medizinischen Bildgebung und Diagnostik werden daher bevorzugt Industriekameras mit erweiterten Farbfeatures eingesetzt.
Trends
Die Farbdarstellung von Kameras verbessert sich stetig. Trends zeigen, dass Anwendungen, in denen traditionell nur monochrome Sensoren eingesetzt wurden, heute auch mit Farbkameras betrieben werden (z. B. in der Fluoreszenzmikroskopie). Kameras werden also multifunktionaler. Kameras mit speziellen Farbfeatures für Medizin und Life Sciences bieten dem Entwickler parametrierbare Funktionsblöcke (Color-Pipeline) in der Firmware der Kamera.
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